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Was ist denn jetzt Werbung und was nicht? – Gerichtsurteil sorgt für Verunsicherung bei Influencern.
Consult Know How
14.08.2018
4 min. read
Influencer sind aus den sozialen Medien schon lange nicht mehr wegzudenken – sie werden als Testimonial von den Unternehmen mit zielgruppenspezifischer Produktkommunikation beauftragt, die wir alle in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter, YouTube und Instagram mitverfolgen können.
Was macht ein Influencer und ab wann ist man einer?
Klar, Influencer sind Online-User, die entweder in den sozialen Netzwerken oder auf Blogs über bestimmte Themen, Marken und Produkte berichten. Sie sind Meinungsführer, haben viele Follower und werden themenkompetent wahrgenommen, wodurch sie die Kaufentscheidung ihrer Follower beeinflussen können. Nach einer aktuellen Studie zum Influencer-Marketing der Goldmedia-Gruppe, zählen Personen mit mehr als 10.000 Followern als Influencer. Allerdings zeigen sich hier auch neue Trends hin zum Micro-Influencer – weg von der Masse und hin zur Klasse, aus welchem Grund diese Zahl kritisch zu sehen ist.
Zur Erklärung: Man differenziert zwischen Mega-, Makro- und Micro-Influencern. Diese drei Gruppen unterscheiden sich in ihrer Reichweite und der Interaktion zu den Followern. Ihr könnt euch wahrscheinlich schon selber denken was auf welche Gruppe zutrifft. Klar: Mega = sehr, sehr viele Follower und weniger direkte Interaktion zu diesen. Umgekehrt ist es dann bei den Micro-Influencern: Weniger Follower (1.000 – 10.000) ermöglichen eine höhere Interaktion. Und Makro ist dann so ein Mittelding.
Und eins haben alle gemeinsam: Die Influencer stellen den Unternehmen ihre Reichweite zur Verfügung und erhalten dafür Gegenleistungen. Diese Gegenleistungen können entweder Geldbeträge von hunderten bis zu mehreren tausend Euro, kostenfreie Produkte oder Rabatte sein.
Bislang galt, dass solche Inhalte für die Nutzer hinreichend als Werbung oder Produktplatzierung gekennzeichnet werden müssen, wenn der Verfasser eine Gegenleistung in irgendeiner Form (Geld, kostenfreie Produkte oder Rabatte) dafür erhält – aber nur dann und nicht wenn der Post ein reiner redaktioneller Beitrag ist. Kommerzielle Beiträge ohne eine eindeutige Kennzeichnung wurden zu illegaler Schleichwerbung.
Das viel diskutierte Urteil um Vreni Frost:
Ein Urteil des Landesgerichts Berlin stellt nun diese Regelung auf den Kopf und sorgt für Aufruhr und Verunsicherung in der Influencer-Scene. Grund für dieses Urteil war eine Abmahnung des Verbands Sozialer Wettbewerb [VSW] gegen die Bloggerin Vreni Frost.
Ihr wird vorgeworfen Schleichwerbung auf Instagram zu machen, weil sie ihre Outfits auf Instagram postete und diese zu den Markennamen verlinkte. Wichtigster Grund für Frost gegen das Urteil anzugehen: Sie hat für die Werbung kein Geld oder die Klamotten kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen – sondern die Kleidung aus eigener Tasche bezahlt. Vreni Frost ging gegen die Abmahnung des VSW gerichtlich vor und war vom Resultat des Urteils sehr frustriert. Anstelle des erwarteten Freispruches erhielt sie eine einstweilige Verfügung. Diese verbietet ihr, zukünftig solche Inhalte, in denen sie auf Marken, Orte oder andere Personen verweist, ohne eine entsprechende Kennzeichnung als Werbung in ihren sozialen Kommunikationskanälen zu zeigen. Der Grund: Sie hat 55.000 Follower und ihre Geschäftsanschrift ist eine Werbeagentur. Außerdem verdiene Vreni hauptberuflich als Bloggerin ihr Geld und deshalb sei sie zur jeder Tageszeit und mit jedem Post eine Geschäftsperson.
Was ist jetzt eigentlich erlaubt und was nicht?
Seit diesem Urteil wissen viele Influencer nicht mehr, ob sie sich noch über Produkte äußern dürfen, ohne sie generell als Werbung kennzeichnen zu müssen – auch wenn sie die Produkte selbst gekauft haben. Die Verunsicherung ist verständlich.
Man kann nirgendwo hundertprozentig nachlesen, was erlaubt ist und was nicht: Ab welcher Anzahl von Followern handelt man nun als Geschäftsperson wie im Fall Vreni Frost? Das Gerichtsurteil gibt hier eine Followerzahl von 50.000 an. Doch da es keine eindeutige Klassifizierung von Influencern und der Follower-Anzahl gibt, ist der Interpretationsrahmen des Berliner Urteils groß.
Die gesetzlichen Regelungen im Social Media-Bereich sind hier nicht eindeutig. Zwar gilt generell medienrechtlich immer noch, dass nur Posts mit tatsächlicher Gegenleistung als Werbung gelten. Aber: Influencer können aber dennoch aus geschäftlichen Interesse handeln und versuchen Unternehmen durch die Markennennung auf sich aufmerksam zu machen. Deswegen müssen Influencer vorsichtig sein. Viele Blogger gehen deshalb bereits dazu über, jeden Post als Anzeige zu markieren. Dies empfiehlt auch Cornelia Holsten, die Direktorien der Bremischen Landesmedienanstalt: „Auch wenn medienrechtlich nur das als Werbung gekennzeichnet werden muss, wo eine Werbeabsicht dahintersteckt, empfehlen wir im Moment tatsächlich rein vorsorglich, alles zu kennzeichnen, wenn man als Influencer unterwegs ist, zum Beispiel mit #Werbung, aber unbezahlt oder #Werbung, aber selbst gekauft, einfach um ein Rechtsrisiko zu vermeiden.“
Es gibt also mehrere Möglichkeiten – ohne Anspruch auf Vollständigkeit! – um einer drohenden Abmahnung aus dem Weg zu gehen:
- Transparente Kennzeichnung: Erhält der Influencer eine Gegenleistung für seinen Post, muss dies deutlich gekennzeichnet werden
- Die sicherste Variante bei der Kennzeichnung ist nach wie vor [Anzeige] oder [Werbung]– über oder vor dem eigentlichen Post. Im deutschsprachigen Raum sollte der Hinweis immer auf Deutsch formuliert sein.
- mit einem Hashtag verlinkte Marken sollten als Werbung gekennzeichnet sein – auch wenn die Produkte selber bezahlt wurden. Hier kann man auch im Hashtag zwischen bezahlter und unbezahlter Werbung unterschieden werden.
- Eine Werbekennzeichnung muss klar erkennbar sein. #Werbung oder #Ad inmitten einer Hashtags-Wolke zu verwenden, ist nicht zulässig.
- Instagram-Tool: „Bezahlte Partnerschaft mit…“ reicht nicht aus. Die Kennzeichnung reicht nicht aus – hier lieber doppelt kennzeichnen.
- auch Unternehmen müssen Markennennungen Dritter auf ihren Social Media-Kanälen als Werbung kennzeichnen, z.B. [Werbung wegen Markennennung].
- Privatpersonen, die noch nie eine Werbung auf ihrer Seite hatten, die keine Kooperationen mit Marken eingegangen sind oder Geschenke erhalten haben: Sie sind erst einmal sicher.
Eine Beispielkennzeichnung: [Werbung] #unbezahlt
Es zeigt sich auf jeden Fall, dass das Gerichtsurteil für viel Verwirrung in den Reihen der Influencer gesorgt hat. Und der Großteil der Influencer-Szene nun sicherheitshalber mehr als Werbung kennzeichnet als vielleicht sein müsste. Hier fragt man sich, ob das Sinn der Sache sein kann – denn eine Transparenz ist so für die Follower nicht mehr gegeben. Auch Vreni Frost möchte sich nicht mit dem Gerichtsurteil abfinden und weiter dagegen vorgehen. Es bleibt also spannend, ob es in ihrem Fall nochmal zu Entscheidungen kommt! Zu wünschen wäre hier sicherlich eine klare Regelung, die sowohl für Blogger als auch für Follower sinnvoll ist.
Quellen:
https://t3n.de/news/influencer-marketing-mehr-998097/
https://www.wbs-law.de/internetrecht/influencer-marketing-und-schleichwerbung-wann-wie-und-wo-muss-man-kennzeichnen-73891/
https://t3n.de/news/influencer-social-media-marketing-1095430/
https://onlinemarketing.de/news/influencer-marketing-professionalisierung-steigende-umsaetze
https://www.wuv.de/marketing/nicht_jede_produktnennung_ist_werbung